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Brief für Unternehmer- und Freiberufler des Monats November 2010


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


1.

BMF: Entwarnung beim Gewinnabführungsvertrag i. R. d. Organschaft

2.

Telefonische Information über Wechsel zu einem Wettbewerber ist zulässig

3.

Erbschaftsteuer: Wie ist die Pensionszusage an Gesellschafter-Witwe zu behandeln?

4.

Mit zu kurzer Frist ausgesprochene Kündigung ist unwirksam

5.

Mangold-Urteil: keine Kompetenzüberschreitung des EuGH

6.

Wasserzweckverband muss Sponsoring sofort einstellen

7.

Minirabatte durch Apotheken zulässig

8.

Eilantrag gegen Abberufung aus Aufsichtsrat einer Stadt-GmbH

9.

Satzung: Keine variablen Vereinsbeiträge nach Vorjahresumsatz

10.

Zweckgebundenheit von Gesellschafterdarlehen begründet keine Verzinslichkeit

11.

Basel III schafft strengere Eigenkapitalregeln für Banken

12.

Zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche

13.

Steuerfreiheit für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeitszuschläge

14.

Reverse Charge: Neue Unternehmerbescheinigung

15.

Wann sind Steuererstattungsansprüche zu aktivieren?

16.

Innergemeinschaftlicher Erwerb: Auch Exoten schulden Umsatzsteuer

17.

Vorsteuervergütung: Neue Länderliste

18.

Kfz-Nutzung: 1 %-Methode nur wenn Arbeitgeber private Nutzung zulässt

19.

Aufbewahrungspflichten bei Onlinebanking bergen Risiken

20.

Zur Versicherung eines neu bestellten Geschäftsführers

21.

Zur Kündbarkeit einer Patronatserklärung

22.

Einberufungstag ist bei Berechnung der Einberufungsfrist mitzuzählen

23.

Keine einzelvertragliche Kürzung gesetzlicher Kündigungsfristen

24.

Keine Gründung einer UG durch Abspaltung zur Neugründung

25.

Zusammenfassende Meldung (ZM) auch für Notare

26.

Vertragliche Pflichtverletzung bei Abwerben von Patienten zur Konkurrenz

27.

Kostenpflicht für verbindliche Auskunft verfassungsgemäß

28.

Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Zahlungen nach Insolvenzreife

29.

Bestimmtheitserfordernis bei Abtretung eines Teilgeschäftsanteils

30.

Geringere Abfindungshöhe durch schuldrechtliche Nebenabrede

31.

Solidaritätszuschlagsgesetz für Veranlagungszeitraum 2007 ist nicht verfassungswidrig

32.

Eintragung einer GmbH trotz unwirksamer Satzungsbestandteile

33.

Keine Verschmelzung der Komplementär-GmbH auf ihre KG



1. BMF: Entwarnung beim Gewinnabführungsvertrag i. R. d. Organschaft

Merkmale der ertragsteuerlichen Organschaft
Voraussetzung für die Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft mit einer GmbH als Organgesellschaft ist gem. § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG u. a. "eine Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG".

Neueste Entscheidung des Bundesfinanzhofs
In der Praxis wurde im Ergebnisabführungsvertrag häufig eine Formulierung gewählt, die zwar zunächst auf § 302 AktG verwies, sodann aber zusätzlich dessen ersten Absatz wortwörtlich wiedergab. Hier heißt es: "Besteht ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag, so hat der andere Vertragsteil jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind." Nach viel kritisierter Auffassung der OFD Rheinland lag hierin eine unzulässige Einschränkung, die dem Wirksamwerden ein ertragsteuerlichen Organschaft entgegenstehe. Mit Beschluss vom 28.7.2010 hat der Bundesfinanzhof (BFH) diese Auffassung der Finanzverwaltung explizit als unzulässig erachtet und insoweit ein für den Steuerpflichtigen günstiges und wichtiges Urteil gefällt.

Reaktion des BMF
Am 19.10.2010 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) nunmehr ein Schreiben veröffentlicht, wonach die Grundsätze des Beschlusses des BFH über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht nur in AdV-Verfahren, sondern auch im Rahmen der Steuerfestsetzung auf noch alle offenen Fälle anzuwenden ist.

Praxishinweis
In der Praxis empfiehlt sich aus Sicherheitsgründen unabhängig davon dennoch eine Formulierung, die vollumfänglich auf § 302 AktG in seiner jeweils aktuellen Fassung verweist, ohne anschließende Wiedergabe von Teilen der Vorschrift. Abzuwarten bleibt des Weiteren, ob im Rahmen des Jahressteuergesetzes die Vorschrift des § 17 KStG dahingehend geändert wird, dass zukünftig nicht mehr ein Verweis auf § 302 AktG notwendig ist, sondern "nur" noch eine rein zivilrechtliche Verpflichtung zur Verlustübernahme.


2. Telefonische Information über Wechsel zu einem Wettbewerber ist zulässig

Kernfrage/Rechtslage
Das Abwerben von Kunden gehört zu den häufigen Streitpunkten, wenn (leitende) Mitarbeiter eines Unternehmens zu einem Wettbewerber wechseln. Der Bundesgerichtshof hatte darüber zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen das Anrufen bzw. Versenden von E-Mails an Kunden des ehemaligen Arbeitgebers wettbewerbswidrig sein kann.

Sachverhalt
Der Geschäftsführer der klagenden GmbH wechselte zusammen mit weiteren Mitarbeitern zu einem Konkurrenzunternehmen, das von ihm mit gegründet worden war. Um die Leistungen und das Personal des neu gegründeten Unternehmens am Markt vorzustellen, nahm dieses durch Anrufe und Versendung von E-Mails Kontakt zu Kunden der Klägerin auf, die deren ehemaligem Geschäftsführer noch aus seiner früheren Tätigkeit bekannt waren. Eine ausdrückliche Einwilligung der Kontaktierten mit den Anrufen und dem Erhalt der E-Mails lag nicht vor. Die Klägerin erachtet die Anrufe bei ihren Kunden und die Versendung der E-Mails als wettbewerbswidrig und verlangte Unterlassung und Schadensersatz.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof urteilte, dass die Klage im Hinblick auf die Telefonate unbegründet, im Übrigen aber begründet sei. Anders als im privaten Bereich sei telefonische Werbung im geschäftlichen Bereich nicht nur zulässig, wenn der Angerufene zuvor ausdrücklich oder konkludent sein Einverständnis erklärt habe; sie ist vielmehr auch schon bei einer mutmaßlichen Einwilligung wettbewerbsgemäß. Ausreichend sei, dass aufgrund konkreter Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden an der Telefonwerbung vermutet werden könne. Dies dürfe im Streitfall deshalb angenommen werden, weil die telefonische Werbemaßnahme einen sachlichen Zusammenhang zu einer bereits bestehenden Geschäftsverbindung aufweise. Es sei auch wettbewerbsrechtlich grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, wenn ein ehemaliger Mitarbeiter bei Bestehen eines sachlichen Interesses versuche, Kunden seines früheren Arbeitgebers für seinen jetzigen Arbeitgeber zu gewinnen. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht bestehe grundsätzlich kein Anspruch auf Fortbestand einer einmal begründeten Geschäftsbeziehung, da der Kundenkreis kein geschütztes Rechtsgut sei. Dagegen liege mit dem Versenden der E-Mails ein Wettbewerbsverstoß vor, nachdem es dem Beklagten nicht gelungen sei, darzulegen, dass die kontaktierten Personen in die Zusendung von E-Mails zumindest konkludent eingewilligt hätten.

Konsequenz
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes wird so zu deuten sein, dass der Versand von E-Mails an ehemalige Kunden mit einem deutlich höheren Risiko verbunden ist, als der Telefonkontakt. Soll dennoch das Medium E-Mail gewählt werden, empfiehlt sich der telefonische Erstkontakt, um ein sachliches Interesse begründen zu können.


3. Erbschaftsteuer: Wie ist die Pensionszusage an Gesellschafter-Witwe zu behandeln?

Kernfrage
Erhält die Witwe eines Gesellschafters eine Witwenversorgung durch die Gesellschaft, weil der Gesellschafter eine Pensionszusage erhalten hatte, stellt sich die Frage, ob dieser Erwerb mit seinem kapitalisierten Barwert der Erbschaftsteuer zu unterwerfen ist oder ob für die Witwenversorgung die Begünstigungen für Betriebsvermögen (hier: nach alten Erbschaftsteuerrecht) gelten. Der Bundesfinanzhof hatte über diese Frage nunmehr bei einer Witwe, die allerdings Mitunternehmerin im Sinne des Ertragsteuerrechts war, zu entscheiden.

Sachverhalt
Die Klägerin wurde Alleinerbin ihres Ehemanns, mit dem sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hatte. Er war persönlich haftender Gesellschafter einer KG und als solcher mit 76 % am Gesellschaftsvermögen beteiligt. Kommanditisten waren im Todeszeitpunkt die Klägerin mit 2 % und ein Dritter mit 22 %. Die KG hatte dem Ehemann eine Pensionszusage erteilt, die eine Witwenpension von 60 % vorsah. In der Steuerbilanz wies die KG für die Pensionszusage an den Ehemann Rückstellungen in Höhe von rd. 425.000 DM aus. Das beklagte Finanzamt berücksichtigte bei der Erbschaftsteuerveranlagung zwar eine fiktive Zugewinnausgleichsforderung als steuerfrei, unterwarf die Witwenpension aber mit ihrem kapitalisierten Barwert von rd. 2,1 Mio. DM der Erbschaftsteuer.

Entscheidung
Mit der hiergegen gerichteten Klage hatte die Klägerin Erfolg. Zwar war die Witwenpension der Erbschaftsteuer zu unterwerfen, weil nur vertragliche Versorgungsansprüche von Erben eines Arbeitnehmers nicht zur Erbschaftsteuer heranzuziehen sind. Der Witwenpensionsanspruch war aber nicht mit dem kapitalisierten Wert anzusetzen, sondern vielmehr, weil es sich um Sonderbetriebseinnahmen der Witwe handelte, mit dem Steuerbilanzwert, also dem Wert der Rückstellung. Allerdings war der Pensionsanspruch als ein zivilrechtlich dem Versorgungsausgleich unterliegender Anspruch bei der Berechnung der fiktiven Zugewinnausgleichsforderung nicht zu berücksichtigen.

Konsequenz
Die Grundsätze der Entscheidung gelten für das Erbschaftsteuerrecht vor Inkrafttreten der Erbschaftsteuerreform. Ob die Witwenpension nach der Erbschaftssteuerreform noch zum begünstigten produktiven Betriebsvermögen gezählt werden kann, bleibt abzuwarten.


4. Mit zu kurzer Frist ausgesprochene Kündigung ist unwirksam

Kernfrage
Eine mit falscher Kündigungsfrist ausgesprochene Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist dem Grunde nach unwirksam. Soweit ausreichende Anhaltspunkte bestehen, wird eine solche unwirksame Kündigung in einer Kündigung zum nächst zulässigen Zeitpunkt umgedeutet. Das Bundesarbeitsgericht hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob eine mit falscher, nämlich zu kurzer, Kündigungsfrist ausgesprochene Kündigung auch dann unwirksam ist, wenn sie nicht in eine Kündigung zum nächst zulässigen Zeitpunkt umgedeutet werden kann und der Arbeitnehmer nicht mit Kündigungsschutzklage gegen sie vorgeht.

Sachverhalt
Der beklagte Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers im April 2008 mit zu kurzer Kündigungsfrist, weil ein Betriebsübergang unzutreffend berücksichtigt worden war. Im November 2008 klagte der Arbeitnehmer auf Leistung der Annahmeverzugsvergütung für die Monate August und September mit der Begründung, die Kündigungsfrist habe 5 und nicht, wie vom Arbeitgeber angenommen, 3 Monate betragen.

Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht urteilte, dass die vom Arbeitgeber gewählte Kündigungsfrist zu kurz sei. Gleichwohl blieb die Klage ohne Erfolg. Denn die vom Arbeitgeber erklärte Kündigung konnte weder nach ihrem Inhalt noch nach den sonstigen Umständen als eine Kündigung zum nächstzulässigen Zeitpunkt umgedeutet werden. Der Kläger hätte deshalb innerhalb der gesetzlichen 3-Wochen-Frist Kündigungsschutzklage erheben müssen. Da dies nicht erfolgt sei, habe die Kündigung das Arbeitsverhältnis zum erklärten Termin aufgelöst und eine Annahmeverzugsvergütung verhindert.

Konsequenz
Für den Arbeitnehmer bedeutet die Entscheidung, dass er jede Art der Kündigung mit Kündigungsschutzklage angreifen muss, um nicht Gefahr zu laufen, dass eine dem Grunde nach unwirksame Kündigung in "Rechtskraft" erwächst.


5. Mangold-Urteil: keine Kompetenzüberschreitung des EuGH

Kernfrage/Rechtslage
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte bereits im Jahr 2005 eine Norm des deutschen Arbeitsrechts, nach der die Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern, die älter als 52 Jahre waren, langfristig sachgrundlos befristet werden konnten, für europarechtswidrig erklärt. Das damalige Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht ruhte. Nach der Entscheidung des EuGH entschied das Bundesarbeitsgericht zugunsten des Arbeitnehmers und entfristete das Arbeitsverhältnis. Es urteilte zudem, dass den Arbeitgebern kein Vertrauensschutz zu gewähren sei.

Sachverhalt
Gegen das Urteil des Bundesarbeitsgerichts wandte sich der Arbeitgeber mit Verfassungsbeschwerde und machte geltend, das Bundesarbeitsgericht habe sich unzulässigerweise auf die Entscheidung des EuGH, der insoweit seine Kompetenzen überschritten habe, gestützt, und darüber hinaus rechtswidrig keinen Vertrauensschutz gewährt.

Entscheidung
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde des Arbeitgebers zurückgewiesen. Der EuGH habe in seiner Grundsatzentscheidung keine Kompetenzen verletzt, als er aus Gemeinschaftsrecht den allgemeinen Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung hergeleitet habe. Es liege auch keine Verletzung der Vertragsfreiheit vor, weil das Bundesarbeitsgericht keinen Vertrauensschutz gewährt habe. Das Vertrauen in den Fortbestand eines Gesetzes könne nicht nur durch die rückwirkende Feststellung seiner Nichtigkeit durch das Bundesverfassungsgericht, sondern auch durch die rückwirkende Feststellung seiner Nichtanwendbarkeit durch den EuGH berührt werden. Vertrauensschutz könne von den mitgliedstaatlichen Gerichten demnach nicht dadurch gewährt werden, dass sie eine nationale Regelung, deren Unvereinbarkeit mit Unionsrecht festgestellt wurde, für die Zeit vor Erlass der Vorabentscheidung anwenden. Denkbar wäre allenfalls, den verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz bei rückwirkender Nichtanwendbarkeit eines Gesetzes infolge einer Entscheidung des EuGH innerstaatlich durch eine Entschädigung zu sichern.

Konsequenz
Das Urteil zeigt die Reichweite der Entscheidung des EuGH in die einzelnen Mitgliedstaaten hinein. Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist der Rechtstreit abgeschlossen. Ob der Gesetzgeber nunmehr die streitauslösende Norm aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz streicht, was er bisher nicht getan hat, bleibt abzuwarten.


6. Wasserzweckverband muss Sponsoring sofort einstellen

Kernaussage
Die Förderung von Sport, Kultur und Sozialem ist weder eine einem Wasserzweckverband übertragene Aufgabe noch eine Annextätigkeit zur Wasserversorgung. Das Sponsoring durch das kommunale Unternehmen ist unzulässig.

Sachverhalt
Die Landesdirektion Dresden hatte als Kommunalaufsichtsbehörde dem Antragsteller - einem regionalen Wasserzweckverband - aufgegeben, dafür Sorge zu tragen, dass seine Wasserversorgungs-GmbH bis zum 31.8.2010 ihre Spenden und Sponsorentätigkeit einstellt. Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Zweckverbandes wurde zurückgewiesen. Zudem wurde die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheids angeordnet. Der Zweckverband erhob Klage und begehrte im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung.

Entscheidung
Das Verwaltungsgericht Dresden hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zurückgewiesen. Über die Klage ist noch nicht entschieden. Der Zweckverband darf die ihm anvertrauten ausschließlich öffentlichen Mittel nur im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabenerfüllung verwenden. Das ihm zustehende Recht auf Selbstverwaltung beschränkt sich auf das Recht, die übertragenen öffentlichen Aufgaben im Rahmen der Gesetze eigenverantwortlich zu regeln. Das Sponsoring von Sport, Kultur und Sozialem hat jedoch keinen Bezug zu der dem Zweckverband übertragenen öffentlichen Aufgabe.

Konsequenz
Zur Frage der Zulässigkeit des kommunalen Sponsorings liegen kaum Entscheidungen vor. Vorliegend hat die Aufsichtsbehörde ein Verbot ausgesprochen; im einstweiligen Rechtsschutzverfahren wurde diese Entscheidung bestätigt. Es bleibt abzuwarten, ob das Gericht der Hauptsache ebenso entscheidet oder gegen den vorliegenden Beschluss Beschwerde eingelegt wird.


7. Minirabatte durch Apotheken zulässig

Kernaussage
Die Grundsatzfrage, ob Apotheken mit Gutscheinen oder Geschenken von geringem Wert um Kunden werben dürfen, war lange Zeit umstritten. Der BGH entschied nun, dass ein Preisnachlass von 1 EUR pro Medikament zulässig ist; eine genaue Obergrenze wurde noch nicht festgelegt, Geschenke im Wert von 5 EUR sind aber unzulässig.

Sachverhalt
Die unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs (§ 4 Nr. 11 UWG) und der unangemessenen Kundenbeeinflussung (§ 4 Nr. 1 UWG) auf Unterlassung in Anspruch genommenen Apothekeninhaber gewährten ihren Kunden beim Bezug von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nach unterschiedlichen Systemen Preisnachlässe, die Rückerstattung der Praxisgebühr, Einkaufsgutscheine oder Prämien. Die Kläger, die Wettbewerbszentrale sowie Mitbewerber der Beklagten, sahen darin Verstöße gegen die im Arzneimittelrecht enthaltenen Preisbindungsvorschriften und das im Heilmittelwerberecht geregelte Verbot von Werbeabgaben. Die Vorinstanzen hatten die Beanstandungen für begründet erachtet, die Revisionen blieben vor dem BGH weitestgehend erfolglos.

Entscheidung
Der BGH sieht einen Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung nicht nur dann als gegeben an, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt. Er bejaht einen solchen Verstoß auch dann, wenn für das Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb Vorteile gewährt werden, die diesen für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen. Die arzneimittelrechtlichen Preisregelungen sollen die flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneien sicherstellen. Sie sind Marktverhaltensregeln, die den (Preis-)Wettbewerb unter den Apothekern regeln sollen und erlauben grundsätzlich keine Rabatte. Das beanstandete Verhalten der beklagten Apotheker ist aber nur dann geeignet, die Interessen der Mitbewerber zu beeinträchtigen, wenn keine zulässige Werbeabgabe vorliegt (§ 7 HWG). Zulässig ist eine Werbeabgabe im Wert von 1 EUR, nicht aber eine solche im Wert von 5 EUR.

Konsequenz
Die Frage, ob das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für im Wege des Versandhandels nach Deutschland eingeführte Arzneimittel gilt, wird derzeit vom Gemeinsamen Senat der der obersten Gerichtshöfe des Bundes geklärt. Der BGH sieht sich an einer Bejahung der Frage zurzeit noch durch ein Urteil des Bundessozialgerichts gehindert.


8. Eilantrag gegen Abberufung aus Aufsichtsrat einer Stadt-GmbH

Kernaussage
Das Verwaltungsgericht Koblenz hatte kürzlich die Frage zu klären, ob ein Antrag eines Aufsichtsratsmitglieds auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wegen seiner Abberufung zulässig ist, wenn nur der Stadtrat als Organ der Alleingesellschafterin der GmbH über die Abberufung beschlossen hat, nicht aber deren zuständige Gesellschafterversammlung.

Sachverhalt
Der Antragsteller wurde nach der Kommunalwahl 2009 vom Bad Kreuznacher Stadtrat in den Aufsichtsrat zweier GmbHs der Stadt gewählt. Ende 2009 beschloss der beklagte Stadtrat, ihn aus beiden Gremien wieder abzuberufen. Die Entscheidung wurde ihm im Juni 2010 mitgeteilt. Der Antragsteller erhob sodann Klage auf Feststellung, dass der Beschluss unwirksam sei. Gleichzeitig begehrte er vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel, bis zur gerichtlichen Entscheidung über die Klage, die Wahrnehmung seiner Rechte und Pflichten als Aufsichtsrat beider Gesellschaften zu ermöglichen. Der Antrag blieb erfolglos.

Entscheidung
Das Verwaltungsgericht hielt den Antrag bereits für unzulässig, da nach den Gesellschaftsverträgen der beiden städtischen Gesellschaften die Wahl und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder der jeweiligen Gesellschafterversammlung obliegt. Auch wenn eine Bindung der GmbHs an "wirksame" Beschlüsse des Stadtrats gegeben sein sollte, folge daraus, dass der Beschluss des Stadtrats alleine nicht zum Verlust der Aufsichtsratsmandate führe. Vielmehr bedürfe es hierfür noch der Umsetzung durch eine selbstständige Entscheidung der Gesellschafterversammlung, die erst Gegenstand einer Anfechtung durch den Antragsteller sein könne.

Konsequenz
Der verwaltungsgerichtliche Beschluss ist noch nicht rechtskräftig und kann mit der Beschwerde angefochten werden.


9. Satzung: Keine variablen Vereinsbeiträge nach Vorjahresumsatz

Kernaussage
Die Entscheidung, als Vereinsbeitrag nicht einen von vornherein festgelegten Betrag zu erheben, sondern ihn variabel, bezogen auf den Vorjahresumsatz zu ermitteln, ist keine das Vereinsleben bestimmende und daher in die Satzung aufzunehmende Grundsatzentscheidung.

Sachverhalt
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, die Beklagte zählte unter ihrer früheren Firma zu dessen Gründungsmitgliedern. Sie veräußerte ihr Unternehmen Ende 2006 und kündigte, da sie keine weitere Geschäftstätigkeit im Bereich der Interessenvertretung durch den Kläger mehr betrieb, ihre Mitgliedschaft zum nächstmöglichen Termin. Der Kläger bestätigte das Auslaufen der Mitgliedschaft zum Ende 2007. Nach der Satzung des Klägers sind die Mitglieder verpflichtet, die von der Mitgliederversammlung beschlossenen Beiträge zu zahlen. Gemäß der zuletzt in 2003 erfolgten Festsetzung nimmt der Kläger eine Einordnung in die umsatzabhängigen Beitragsklassen vor, ohne dass dies in der Satzung oder Beitragsordnung gesondert geregelt ist, anhand der jeweiligen Vorjahresumsätze vor. Der Kläger verlangte von der Beklagten die Entrichtung des Vereinsbeitrags für 2007 in Höhe von rd. 34.000 EUR. Die hiergegen gerichtete Klage wurde vom OLG abgewiesen. Der BGH verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurück.

Entscheidung
Die Beschlüsse der Mitgliederversammlung über die Beitragsordnungen entbehren entgegen der Ansicht des OLG nicht der erforderlichen satzungsmäßigen Grundlage. Die Entscheidung zur Erhebung eines variablen, umsatzabhängigen Beitrags muss nicht in die Satzung aufgenommen werden. Die Mitglieder des Klägers können ihre Beitragsanteile aufgrund der bisherigen Umsätze und der vorhandenen Beitragsordnung unschwer im Voraus abschätzen. Ferner birgt das System der Beitragserhebung keine unüberschaubaren finanziellen Risiken.

Konsequenz
Allerdings könnte die auf ständiger Übung des Klägers basierende Ermittlung des umsatzabhängigen Beitrags aus dem Umsatz des jeweiligen abgelaufenen Kalenderjahres gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, wenn das herangezogenen Mitgliedsunternehmen, wie die Beklagte, im Beitragsjahr wegen endgültiger Geschäftsaufgabe keinen Umsatz mehr erzielt. Ein diese Handhabung rechtfertigender sachlicher Grund kann aber gegeben sein, wenn etwa im ersten Mitgliedsjahr nur der Grundbeitrag und nicht ein auf das Vorjahr bezogener umsatzabhängiger Beitrag gefordert wurde. Dazu müssen die Parteien noch ergänzend vortragen.


10. Zweckgebundenheit von Gesellschafterdarlehen begründet keine Verzinslichkeit

Kernproblem
Ermittelt ein Steuerpflichtiger seinen Gewinn durch Vermögensvergleich, so sind Verbindlichkeiten und Rückstellungen unter bestimmten Voraussetzungen (ausnahmsweise) abzuzinsen. Dies ist der Fall, wenn die Verbindlichkeit bzw. Rückstellung eine Laufzeit von mehr als 12 Monaten aufweist und unverzinslich ist. Streitig war bislang, ob diese Grundsätze auch bei Gesellschafterdarlehen gelten und ob in der Zweckbindung des (Gesellschafter-) Darlehens eine Verzinslichkeit gesehen werden kann.

Sachverhalt
Die Gesellschafter einer GmbH gewährten dieser zur Erweiterung des Betriebs ein Darlehen. Eine Verzinsung des Darlehens war nicht vorgesehen. Die GmbH nahm eine Abzinsung des Darlehens nicht vor, da ihrer Ansicht nach das Abzinsungsgebot für Gesellschafterdarlehen grundsätzlich nicht gilt und - sofern dies anders zu beurteilen sei - die Zweckbestimmung (= Erweiterung des Betriebs) einer Verzinsungspflicht gleichstehe. Weder die Betriebsprüfung noch das Finanzgericht folgten dieser Auffassung, auch die Revision der klagenden GmbH vor dem BFH blieb erfolglos.

Entscheidung
Der BFH bestätigte zum Einen seine bisherige Rechtsprechung, wonach der Gesetzeswortlaut und -zweck keinen Ausschluss der Gesellschafterdarlehen von der Abzinsungspflicht begründet. Zum Anderen sei in der Zweckbestimmung auch keine Verzinslichkeit zu sehen, da eine Zweckbestimmung nichts daran ändere, dass der Zinsvorteil der GmbH ungeschmälert zugute komme. Da die Darlehenslaufzeit unbestimmt war, stimmte der BFH des Weiteren der Vorinstanz zu, dass der Barwert mit dem Faktor 9,3 zu berechnen sei (§ 13 Abs. 2 BewG). Die von der klagenden GmbH angeführten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Abzinsungsgebot teilte der BFH ebenfalls nicht.

Konsequenz
Die Gewährung unverzinslicher Darlehen führt beim Darlehensnehmer zu steuerpflichtigen Erträgen, wenn die Laufzeit des Darlehens mehr als 12 Monate beträgt. Dies gilt unabhängig davon, wer das Darlehen gewährt (Dritter oder nahestehende Person) oder ob es zweckgebunden ist. Die durch die Abzinsung bedingte Gewinnerhöhung kann in Einzelfällen gewünscht sein, z. B. um in Verlustsituationen Aufwendungen in kommende Jahre zu verschieben. Ist die Abzinsung bzw. die damit einhergehende Gewinnerhöhung indes nicht gewollt, so empfiehlt sich unter Umständen eine geringfügige Verzinsung (nahe 0 %). Ob hierin ein Gestaltungsmissbrauch gesehen werden kann, ist - soweit ersichtlich - bislang vom BFH offen gelassen worden.


11. Basel III schafft strengere Eigenkapitalregeln für Banken

Kernaussage zu Basel III
Der Begriff Basel III bezeichnet ein am 12.9.2010 beschlossenes ergänzendes Regelwerk des Basler Ausschusses an der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zu bereits bestehenden Eigenkapitalregeln für Finanzinstitute. Aufgrund der neuen Kapital- und Liquiditätsvorschriften sollen die Banken künftig mehr Eigenkapital vorhalten und einen zusätzlichen Kapitalpuffer anlegen, um etwaige Verluste selbst auffangen zu können.

Einführung
Das Eigenkapital eines Finanzinstituts besteht aus dem Kern- und dem Ergänzungskapital. Eigene Aktien und einbehaltene Gewinne bilden das harte Kernkapital, das weiche Kernkapital setzt sich aus anderen Kapitalinstrumenten mit weniger stark ausgeprägten Merkmalen (z. B. bzgl. der Verlustteilnahme) zusammen. Die Kernkapitalquote (Kernkapital dividiert durch Risikoposten) zeigt, wie groß der Risikopuffer der Bank ist. Das Ergänzungskapital setzt sich aus Genussrechten und langfristigen nachrangigen Verbindlichkeiten zusammen.

Inhalt
Nach der beschlossenen Reform gilt: die aufsichtsrechtlichen Voraussetzungen für die Zusammensetzung des Kernkapitals werden strenger gefasst und dessen Umfang wird erhöht. Die Kernkapitalquote muss bis 2015 schrittweise von 4 % auf 6 % erhöht werden; davon sind künftig 4,5 % hartes (bisher: 2 %) und 1,5 % weiches Kernkapital. Ab 2016 soll ein Kapitalerhaltungspuffer, der bis 2019 auf 2,5 % anwachsen soll, das harte Kernkapital ergänzen. Die Länder können einen weiteren Puffer von bis zu 2,5 % einfordern, um übermäßiges Kreditwachstum zu verhindern. Das Ergänzungskapital beträgt nach Basel III 2 %. Eine Bank muss künftig insgesamt Eigenmittel von 8 % der Risikopositionen haben, d. h. Risiken in Höhe von 100 EUR müssen mit mindestens 8 EUR Eigenmitteln hinterlegt sein. Bei Unterschreiten der Grenze muss bankaufsichtsrechtlich ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden. Die G20-Staaten müssen Basel III im November 2010 noch absegnen.

Kritik
Kritiker, wie die Vertreter der Landesbanken, befürchten, dass Banken künftig weniger Kredite an Unternehmen vergeben könnten. Die Privatbanken hingegen zeigten sich zufrieden mit der schwindenden Unsicherheit.

Fazit
Die Banken haben nun Planungssicherheit hinsichtlich der künftig geltenden regulatorischen Anforderungen; damit ist die Gefahr etwaiger Kreditverknappungen wegen abrupt geltender Neubestimmungen gebannt. Ob Banken sich nun im Krisenfall tatsächlich aus eigener Kraft und ohne staatliche Hilfe retten können, bleibt abzuwarten.


12. Zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche

Kernaussage
Ein Berufsverband handelt missbräuchlich (§ 8 Abs. 4 UWG), wenn ein wettbewerbsrechtlicher licher Unterlassungsanspruch nur gegen Außenstehende geltend gemacht wird, wohingegen er gleichartige Wettbewerbsverstöße seiner Mitglieder planmäßig duldet.

Sachverhalt
Der klagende Berufsverband fördert gemäß seiner Satzung die gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Interessen seiner Mitglieder sowie von Personen, die sich unmittelbar oder mittelbar im Bereich des Gewinn- und Glücksspielwesens betätigen oder dies wollen. Die Beklagte veranstaltete Lotterien und Sportwetten (§ 7 Abs. 2 AGGlüStV-Saar). Der Kläger beanstandete Darstellungen der Beklagten im Internet; diese seien als Werbung für öffentliches Glücksspiel zu werten, es handele sich nicht um reine Informationen oder Aufklärung (§§ 1, 5, 7 GlüStV). Er begehrte Unterlassung. Die Beklagte wandte ein, dass Verhalten des Klägers sei rechtsmissbräuchlich, da er grundsätzlich nur gegen Außenstehende und nicht gegen eigene Mitglieder vorgehe, deren Wettbewerbsverstöße er vielmehr planmäßig dulde. Der Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung
Die Erhebung des Unterlassungsanspruchs durch den Kläger ist rechtsmissbräuchlich (§ 8 Abs. 4 UWG). Ein solches Verhalten ist dann anzunehmen, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als das eigentliche Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen. Missbräuchlich ist die Berufung auf den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch insbesondere dann, wenn dadurch in erster Linie die Behinderung des Verletzers im Wettbewerb erfolgen soll. Generell ist es zwar nicht zu beanstanden, wenn der Anspruchsberechtigte nur gegen einen oder einzelne Verletzer vorgeht, da es den in Anspruch Genommenen freisteht, ihrerseits gegen die weiteren Verletzer vorzugehen. Dies gilt aber nicht, wenn die Auswahl des Verletzers in diskriminierender Weise erfolgt. Hier war der Kläger unstreitig nicht gegen Verstöße eigener Mitglieder vorgegangen; er wandte sich vielmehr gegen die staatlichen Lottogesellschaften, die seiner Satzung nach keine Mitglieder werden können.

Konsequenz
Die diskriminierende Geltendmachung des Wettbewerbsverstoßes ließ hier den Schluss zu, dass es dem Kläger nicht primär um die Abwehr von Verstößen gegen das Gesetz ging, sondern vielmehr um die Behinderung anderer Anbieter im Wettbewerb.


13. Steuerfreiheit für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeitszuschläge

Kernproblem
Die neben dem Grundlohn an einen Arbeitnehmer gewährten Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit sind unter bestimmten Voraussetzungen ganz oder teilweise von der Einkommensteuer befreit. Als Grundlage für die Bemessung des steuerfreien Zuschlags dient der Grundlohn, höchstens jedoch ein Betrag von 50 EUR je Stunde. So kann der steuerfreie Zuschlag zwischen 25 % (bei Nachtarbeit) oder 150 % (an den Weihnachtstagen) des Grundlohns betragen. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist u. a., dass die Zuschläge nicht Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte, auch an Sonn- und Feiertagen oder nachts geleistete Tätigkeit sind. Gerade bei Lohnsteuer-Außenprüfungen werden häufig "Pauschalvereinbarungen" aufgedeckt, die dann zu einem bösen Erwachen führen.

Sachverhalt
Im Streitfall beschäftigte die Inhaberin eines Autohofs ihre Arbeitnehmer in wechselnden Schichten rund um die Uhr. Ziel der Vergütungsregelung war es, einen gleichbleibenden Arbeitslohn pro tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde zu erreichen. Für den Fall, dass auf der Grundlage des Basisgrundlohns und unter Berücksichtigung der steuerfreien Zuschläge der vereinbarte Nettostundenlohn nicht erreicht wurde, gewährte sie als Variable eine sog. Grundlohnergänzung. Das Finanzamt wollte die Steuerfreiheit der Zuschläge nicht gewähren und die Inhaberin für die nachzufordernde Lohnsteuer in Haftung nehmen.

Entscheidung des BFH
Der BFH war anderer Meinung. Die Zuschläge für geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit blieben auch dann steuerfrei, wenn sie in einen zur Glättung von Lohnschwankungen durchschnittlich gezahlten Stundenlohn einkalkuliert werden. Die Vereinbarung eines durchschnittlichen Effektivlohns habe zwar zur Folge, dass sich ein immer gleichbleibender Auszahlungsbetrag pro Stunde ergäbe. Das bedeute jedoch nicht, dass die Zuschläge pauschal und damit ohne Rücksicht auf tatsächlich geleistete Arbeitsstunden berechnet würden. Die vom Gesetz verlangte Trennung von Grundlohn und Zuschlägen werde nicht deshalb aufgehoben, weil der Grundlohnergänzungsbetrag variabel gestaltet sei. Es handele sich bei dem Vergütungssystem um eine zulässige Gestaltungsform in Ausnutzung der rechtlichen Möglichkeiten.

Konsequenz
Der BFH macht folgende Kernaussage: Die Beteiligten haben es - bis an die Grenze des Gestaltungsmissbrauchs - in der Hand, durch vertragliche Vereinbarung von einer gesetzlich zulässigen Steuerbefreiung in möglichst hohem Maße Gebrauch zu machen.


14. Reverse Charge: Neue Unternehmerbescheinigung

Einführung
Unternehmer, die in Deutschland steuerpflichtige Werklieferungen bzw. Dienstleistungen von im Ausland ansässigen Unternehmern beziehen, schulden die hieraus entstehende Umsatzsteuer (Reverse Charge). Gibt der leistende Unternehmer vor, im Inland ansässig zu sein, so muss der Leistungsempfänger dennoch im Zweifel die Umsatzsteuer einbehalten. Von dieser Verpflichtung wird er nur befreit, wenn der leistende Unternehmer ihm eine Bescheinigung seines Finanzamtes vorlegt, aus der hervorgeht, dass er in Deutschland als Unternehmer erfasst ist.

Neue Verwaltungsanweisung
Das BMF hat die "Bescheinigung über die Ansässigkeit im Inland" (Vordruck USt 1 TS) nun überarbeitet und an die seit dem 1.1.2010 durch das Mehrwertsteuerpaket geänderte Rechtslage angepasst.

Konsequenzen
Mit Hilfe des Vordrucks kann der leistende Unternehmer, wie bisher, nachweisen, dass er im Inland ansässig und somit berechtigt ist, Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen. Zusätzlich, und das ist neu, wird ihm auch bescheinigt, dass er eine Betriebsstätte im Inland innehat. Diese Differenzierung wurde nötig, da ab dem 1.1.2010 der leistende Unternehmer für die Umsätze, die er nicht von dieser Betriebsstätte, sondern von einer ausländischen erbringt, als ausländischer Unternehmer gilt. Die Neuregelung führt zu einer erweiterten Anwendung des Reverse Charge-Systems, da bis Ende 2009 Unternehmer mit einer inländischen Betriebsstätte immer als im Inland ansässig galten. Wird dem Leistenden daher eine inländische Betriebsstätte bescheinigt, muss der Leistungsempfänger nunmehr sicherstellen, dass er die Leistung auch von dieser Betriebsstätte empfängt, wenn er auf den Einbehalt der Umsatzsteuer verzichten will. Dies dürfte in der Praxis nicht immer einfach sein. Nach Ansicht des BMF ist für die Abgrenzung entscheidend, welche Betriebsstätte die Arbeiten überwiegend ausführt, nicht hingegen mit welcher Betriebsstätte der Vertrag abgeschlossen wurde.


15. Wann sind Steuererstattungsansprüche zu aktivieren?

Kernaussage
Gerade in der Umsatzsteuer wird die Auffassung der deutschen Finanzverwaltung nicht selten durch Urteile des EuGH konterkariert. Wer hier gut beraten ist, und rechtzeitig Rechtsbehelfe eingelegt hat, kann mit Erstattungen rechnen. Diese unterliegen wiederum unstreitig den Ertragsteuern, fraglich ist nur wann?

Sachverhalt
Der Kläger erzielte Umsätze aus Geldspielautomaten. Im Rahmen der Steuerfestsetzungen 1996 bis 2001 waren diese als steuerpflichtig deklariert worden. Aufgrund eines beim EuGH anhängigen Verfahrens, beantragte der Kläger die Steuerfreiheit dieser Umsätze. Nachdem der EuGH sowie der BFH in 2005 zugunsten des Klägers entschieden hatten, änderte das Finanzamt in 2006 die angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungen. Zudem beabsichtigte das Finanzamt, die Erstattungsansprüche ertragsteuerlich im Jahr der BFH-Entscheidung (2005) zu erfassen. Der Kläger sah hingegen die Pflicht zur Aktivierung erst mit Anerkennung der Ansprüche durch das Finanzamt in 2006.

Entscheidung
Dem FG Düsseldorf zufolge sind umstrittene Forderungen handelsrechtlich erst zu aktivieren, wenn sie rechtskräftig festgestellt sind oder der Schuldner diese anerkennt. Dies setzt bei Steuererstattungsansprüchen voraus, dass die streitbefangenen Bescheide geändert werden oder die Finanzverwaltung zu erkennen gibt, dass sie gewillt ist, diese anzuerkennen. Die Veröffentlichung des BFH-Urteils in 2005 wertet das FG nicht als solche Maßnahme, da das Finanzamt sich erst nach Aufforderung durch den Kläger in 2006 wieder mit dem Fall beschäftigt hat.

Konsequenz
Die Entscheidung bewirkt, dass die Aktivierung der Steuererstattungsansprüche häufig mit dem Datum der Änderung der - der Erstattung zugrunde liegenden - Bescheide einhergehen wird. Eine Verzinsung der sich hieraus ergebenden ertragsteuerlichen Nachforderung zu Lasten der Steuerpflichtigen entfällt damit. Unabhängig von den handelsrechtlichen Vorgaben dürfte dies auch der täglichen Praxis gerecht werden. Denn der Hinweis des Finanzamtes, dass das EuGH bzw. BFH-Urteil doch ausreiche, um Erstattungsansprüche zu aktivieren, verkennt, dass regelmäßig noch geraume Zeit vergeht, bis die Finanzverwaltung den Urteilen auch tatsächlich folgt, aus eigenem Antrieb schon gar nicht. Es bietet sich an, unter Berufung auf das mittlerweile beim BFH anhängige Verfahren gegen anders lautende Festsetzungen vorzugehen. Dabei ist aber zu beachten, dass auch Konstellationen denkbar sind, bei denen eine frühere Aktivierung sinnvoll sein kann.


16. Innergemeinschaftlicher Erwerb: Auch Exoten schulden Umsatzsteuer

Kernproblem
Es gibt Unternehmer (z. B. Ärzte), die glauben, nichts mit der Umsatzsteuer zu tun zu haben, da bei ihnen i. d. R. keine Umsatzsteuer entsteht. Um so schmerzlicher ist für diesen Unternehmerkreis, wenn das Finanzamt feststellt, dass sie die ihnen obliegenden umsatzsteuerlichen Pflichten nicht beachtet haben.

Rechtslage
"Normale" Unternehmer, die einen innergemeinschaftlichen Erwerb tätigen, sind verpflichtet, die Umsatzsteuer einzubehalten und an den eigenen Fiskus abzuführen. Der Lieferant stellt entsprechend eine Nettorechnung aus. Für folgende, als Exoten bezeichnete, Unternehmer besteht diese Pflicht ebenfalls, wenn sie zur Erwerbsbesteuerung optiert haben oder die sog. Erwerbsschwelle (12.500 EUR) überschreiten, ohne dass sie einen korrespondierenden Vorsteuerabzug hieraus hätten: - Unternehmer, die nur steuerfreie Umsätze ausführen, die zum Ausschluss des Vorsteuerabzuges führen (z. B. Ärzte), - Kleinunternehmer, - pauschalierende Land- und Forstwirte sowie - juristische Personen, die nicht Unternehmer sind oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwerben.

Neue Verwaltungsanweisung
Einer Verfügung der OFD Frankfurt a. M. ist nun zu entnehmen, dass und wie diese Exoten diesbezüglich überwacht werden sollen. Die Finanzverwaltung steht dabei vor dem Problem, dass diese i. d. R. umsatzsteuerlich nicht erfasst werden, also keine Umsatzsteuererklärungen abgeben. Erschwerend kommt hinzu, dass seit dem 1.1.2010 jeder Exot eine USt-IDNr. erhalten kann. Zuvor konnten dies nur jene, die vorgaben, diese für einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu benötigen und anschließend auch überwacht wurden. Um eine korrekte Besteuerung sicherzustellen, gleicht die Finanzverwaltung die gemeldeten Daten der hiesigen Unternehmer mit denen Ihrer Lieferanten in der EU ab. Differenzen werden aufgeklärt und ggf. Kontrollmitteilungen an die ausländischen Finanzverwaltungen übermittelt.

Konsequenzen
Jeder der als Exot bezeichneten Unternehmer sollte sich über die umsatzsteuerlichen Konsequenzen im Klaren sein, wenn er Lieferungen aus der übrigen EU erhält. Die Finanzverwaltung jedenfalls hat zahlreiche Maßnahmen getroffen, um eine korrekte Besteuerung sicherzustellen. Zu beachten ist, dass nicht nur innergemeinschaftliche Lieferungen dazu führen können, dass die Exoten Umsatzsteuer abzuführen haben. Auch wenn sie Dienstleistungen ausländischer Unternehmer, auch aus Drittstaaten, empfangen, ergibt sich diese Verpflichtung.


17. Vorsteuervergütung: Neue Länderliste

Kernaussage
Unternehmer aus Drittstaaten können sich die in Deutschland entrichtete Vorsteuer unter bestimmten Voraussetzungen erstatten lassen. Dies betrifft aber nur Unternehmer aus solchen Staaten, die umgekehrt auch deutschen Unternehmern dieses Recht einräumen (Gegenseitigkeit).

Neue Verwaltungsanweisung
Das BMF hat nun die Liste der Staaten aktualisiert, mit denen Gegenseitigkeit besteht. Neu aufgenommen wurden Kroatien zum 1.1.2010 und China (Taiwan) zum 1.7.2010.

Konsequenz
Unternehmen aus den neu erfassten Staaten können sich nun die Vorsteuer in Deutschland erstatten lassen. Für inländische Unternehmen bedeutet dies aber auch, dass für sie in den genannten Staaten ebenfalls die Möglichkeit der Vorsteuervergütung besteht.


18. Kfz-Nutzung: 1 %-Methode nur wenn Arbeitgeber private Nutzung zulässt

Kernaussage
Überlassen Arbeitgeber ihren Angestellten betriebliche Kfz, so wird die private Nutzung regelmäßig mit Hilfe der 1 %-Methode versteuert. Ist den Angestellten die private Nutzung untersagt, so unterbleibt eine Besteuerung. Allerdings verlangt die Finanzverwaltung die Dokumentation der Befolgung dieses Verbots, z. B. durch den Nachweis der Überwachung durch den Arbeitgeber. Fehlte diese, wurde trotz des Verbotes eine private Kfz-Nutzung versteuert, da nach der Rechtsprechung des BFH der Anscheinsbeweis für eine private Nutzung spreche.

Sachverhalt
Der Kläger beschäftigte 80 Mitarbeiter. Hierunter war auch sein Sohn, der nicht nur das höchste Gehalt bezog, sondern auch den teuersten Firmenwagen nutzte. Arbeitsvertraglich war ihm die private Nutzung untersagt, ein Fahrtenbuch führte er jedoch nicht. Das Finanzamt unterstellte daher die private Nutzung des Kfz und setzte Lohnsteuer fest.

Entscheidung
Während das Finanzgericht noch unter Berufung auf die allgemeine Lebenserfahrung der Ansicht des Finanzamtes folgte, teilt der BFH diese Auffassung nicht. Er sieht mangels konkreter Feststellung weder Argumente, die für, noch solche, die gegen eine private Nutzung des Kfz sprechen. Der vom FG bemühte Anscheinsbeweis kann eine solche fehlende Feststellung nicht ersetzen. Das Verfahren wurde daher an die erste Instanz zurückverwiesen.

Konsequenz
Unter Betriebsprüfern ist es sehr beliebt, in Ermangelung tatsächlicher Feststellungen Hinzuschätzungen mit der allgemeinen Lebenserfahrung zu begründen. Diese Betrachtung ist nicht nur zumeist äußerst subjektiv, sondern lässt auch die konkrete betriebliche Realität außer Betracht. Für die Betroffenen ist es schwierig, sich gegen solch pauschale Behauptungen zu wehren. Damit dürfte nun Schluss sein. Allerdings bedeutet dies nicht, dass nun die Beweislast alleine beim Betriebsprüfer liegt. Im vorliegenden Fall wird auch der Unternehmer seinen Teil dazu beitragen müssen, plausibel darzulegen, dass eine private Nutzung unterblieben ist. Beweisvorsorge ist daher unverändert nötig. Jedoch kann nun die Beweislast durch die Finanzverwaltung mittels Verweis auf die allgemeine Lebenserfahrung nicht mehr einseitig auf die Unternehmen abgewälzt werden.


19. Aufbewahrungspflichten bei Onlinebanking bergen Risiken

Kernproblem
Immer mehr Unternehmen nutzen das Onlinebanking. Vermehrt bestehen auch Schnittstellen zur Hausbank, die es ermöglichen, die Bankdaten im Rahmen der Finanzbuchhaltung zu verarbeiten. "Wozu brauche ich dann noch Kontoauszüge?", denkt sich da der fortschrittliche Unternehmer, doch er hat die Rechnung ohne den Fiskus gemacht.

Neue Verwaltungsanweisung
Das bayerische Landeszentralamt für Steuern erläutert in einer aktuellen Verfügung die sich ergebenden Aufbewahrungspflichten im Rahmen des Onlinebankings. Demnach kommt ein Unternehmer seiner Pflicht zur Aufbewahrung von Buchführungsunterlagen (i. d. R. 10 Jahre) nicht nach, wenn er lediglich Ausdrucke der elektronischen Kontoauszüge aufbewahrt. Vielmehr muss er diese auf einem maschinell auswertbaren Datenträger archivieren, eine Abspeicherung im pdf-Format reicht nicht aus. Den Ansprüchen der Finanzverwaltung soll hingegen jeweils genügen: - die Übermittlung und Speicherung eines digital signierten elektronischen Kontoauszuges, - die Vorhaltung des Auszuges beim Kreditinstitut, verbunden mit der Möglichkeit, jederzeit während der Aufbewahrungsfrist auf diesen zuzugreifen, sowie - die zusätzliche Übersendung von Monatssammelkontoauszügen in Papierform.

Konsequenz
Angesichts der von der Finanzverwaltung aufgezeigten Alternativen, dürfte es für die meisten Unternehmer am einfachsten sein, zusätzlich zum elektronischen Kontoauszug sich auch weiterhin die Originalkontoauszüge übermitteln zu lassen und diese zu archivieren. Dies widerspricht zwar dem mit dem Onlinebanking angestrebten Ziel der Vereinfachung, ist aber derzeit unumgänglich. Ärgerlich ist, dass die Verwaltung zunehmend Unterlagen in digitalisierter Form fordert, selbst jedoch durch ihre unflexible Haltung den technischen Fortschritt und hiermit verbundene Kostenvorteile blockiert. Ob es elektronische Kontoauszüge, Rechnungen, Fahrten- oder Kassenbücher sind, die Anforderungen liegen immer über denen ihrer Pendants in Papierform und bergen Risiken, die viele Unternehmer abschrecken, diese zu nutzen.


20. Zur Versicherung eines neu bestellten Geschäftsführers

Kernaussage
Jeder neu bestellte Geschäftsführer einer GmbH hat bei der Anmeldung zum Handelsregister u. a. zu versichern, dass er keinem Berufsverbot unterliegt und nicht wegen einer vorsätzlichen Straftat, z. B. Insolvenzverschleppung oder Betrug, verurteilt wurde (§ 39 Abs. 3 Satz 1 GmbHG). Diese Versicherung, dass die vorgenannten Tatsachen seiner Bestellung nicht entgegenstehen, ist nicht zwangsläufig unwirksam, wenn sie noch vor Wirksamkeit der Bestellung zum Geschäftsführer abgegeben wird. Entscheiden ist, dass im Zeitpunkt der Eintragung sämtliche Eintragungsvoraussetzungen vorliegen.

Sachverhalt
Die Gesellschafterversammlung einer Wirtschaftsprüfungs-GmbH bestellte am 17.12.2009 einstimmig mit Wirkung ab dem 2.1.2010 einen Geschäftsführer. Der Notar reichte unter dem 7.1.2010 die von ihm am 17.12.2009 beglaubigte Handelsregisteranmeldung beim Registergericht ein. Diese war von dem Gesellschafter der GmbH und dem neu bestellten Geschäftsführer unterzeichnet und enthielt die nach § 39 Abs. 3 Satz 1 GmbHG notwendige Versicherung. Das Registergericht beanstandete, dass der Geschäftsführer im Hinblick auf seine Bestellung mit Wirkung zum 2.1.2010 nicht bereits am 17.12.2009 die erforderliche Versicherung habe erklären können. Hiergegen richtet sich die Beschwerde.

Entscheidung
Die Beschwerde hatte Erfolg. Der Geschäftsführer hat die Versicherung nach § 39 Abs. 3 Satz 1 GmbHG nicht verfrüht abgegeben. Die Anmeldung an das Registergericht ist weder durch Bedingung noch Befristung eingeschränkt, was unzulässig wäre. Auch fehlt es im Zeitpunkt der Anmeldung an keinem Beschluss über die Bestellung zum Geschäftsführer. Der Umstand, dass die Bestellung mit Wirkung zum 2.1.2010 eintreten sollte, bewirkt nicht, dass die verfahrensrechtliche Anmeldung zum Handelsregister von einer Bedingung abhängig gemacht wurde. Die Versicherung des Geschäftsführers ist eine höchstpersönliche Erklärung im Sinne einer Wissenserklärung, die vergangenheits- bzw. gegenwartsbezogen ist. Die zeitliche Lücke zwischen Abgabe der Versicherung und Bestellung ist vorliegend gering. Ein sachwidriges Vorgehen war insofern nicht erkennbar.

Konsequenz
Je größer die zeitliche Lücke zwischen Abgabe der Versicherung und wirksamer Bestellung zum Geschäftsführer wird, desto größer dürfte die Gefahr der Unwirksamkeit der Versicherung sein. Die vorliegende "Zeitlücke" war insbesondere wegen der dazwischen liegenden Feiertage nicht zu beanstanden.


21. Zur Kündbarkeit einer Patronatserklärung

Kernaussage
Ein Kündigungsrecht zugunsten einer Konzerngesellschaft, die in der finanziellen Krise gegenüber einer Tochtergesellschaft eine Patronatserklärung abgibt, kann wirksam vereinbart werden.

Sachverhalt
Die beklagte GmbH hatte sich gegenüber ihrer in finanziellen Schwierigkeiten befindlichen Enkelgesellschaft (KG) in einer "Patronatserklärung" verpflichtet, im Falle der Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit fällige Verbindlichkeiten in dem Umfang zu erfüllen, als dies zur Beseitigung der Insolvenzreife der Gesellschaft erforderlich ist. Nach einigen Monaten kündigte die Beklagte diese Erklärung und die parallel laufende cash-pool-Abrede. Die KG stellte einen Tag später einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Kläger nahm als Insolvenzverwalter der KG die Beklagte wegen unzulässiger Kündigung der Patronatserklärung auf Schadensersatz in Höhe der angemeldeten und festgestellten Forderungen sowie auf Schadensfeststellung der noch endgültig festzustellenden Forderungen in Anspruch. Die Beklagte wandte ein, die Beteiligten wären sich darüber einig gewesen, dass die Patronatserklärung nur für den Zeitraum der Überprüfung der Sanierungsfähigkeit der KG abgegeben worden sei.

Entscheidung
Die Vorinstanzen haben der Klage überwiegend stattgegeben. Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an das OLG zurückverwiesen. Es muss aufgeklärt werden, ob die von der Beklagten behauptete Abrede, in der die Vereinbarung eines Kündigungsrechts liegen könnte, tatsächlich getroffen wurde. Eine Patronatserklärung ist nicht nach den Grundsätzen des sogenannten Finanzplankredits unkündbar. Nach diesen Grundsätzen sind einlageähnliche Darlehenszusagen unter Umständen nach den Regeln der nicht vollständig erfüllten Einlagepflicht in der Krise der Gesellschaft nicht rückholbar, sofern sich dies aus der Abrede der Parteien ergibt. Ferner stehen die im Streitfall noch anzuwendenden Grundsätzen des Eigenkapitalersatzes der Kündigung nicht entgegen, da diese nur das Verbot der Rückholung bereits erbrachter Leistungen, nicht aber die Pflicht zur Zuführung neuer Eigenmittel, begründen.

Konsequenz
In der Praxis stellen die sog. "harten" Patronatserklärungen und qualifizierten Rangrücktritte ein gängiges Mittel zur Beseitigung der Überschuldung und damit der Insolvenzantragspflicht dar. Nach dieser Entscheidung hängt die Kündigungsmöglichkeit der Patronatserklärung allein von der wirksamen Vereinbarung eines Kündigungsrechts ab. Abzuwarten und zweifelhaft bleibt jedoch, ob eine kündbar ausgestaltete Patronatserklärung noch geeignet ist, eine bestehende Überschuldung zu beseitigen.


22. Einberufungstag ist bei Berechnung der Einberufungsfrist mitzuzählen

Kernaussage
Bei aktienrechtlichen Hauptversammlungsbeschlüssen war nach der bis zum 31.10.2009 geltenden Gesetzeslage bei der Berechnung der Einberufungsfrist der Tag der Hauptversammlung von der Zählung ausgeschlossen (§ 123 Abs. 4 AktG i. d. F. des UMAG). Dagegen war der Tag der Einberufung mitzuzählen.

Sachverhalt
Die Kläger sind Aktionäre der beklagten AG und begehren die Feststellung der Nichtigkeit diverser Hauptversammlungsbeschlüsse. Durch Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger vom 16.4.2007 lud die Beklagte zur Hauptversammlung am 24.5.2007 ein. In einer davor anberaumten Hauptversammlung am 1.12.2006 waren Satzungsänderungen betreffend die Teilnahmebedingungen an der Hauptversammlung für die Ausübung des Stimmrechts beschlossen worden. Die Kläger sind der Ansicht, die dort gefassten Beschlüsse seien nichtig, weil die Hauptversammlung gesetzes- und satzungswidrig einberufen worden sei. Aufgrund der Nichtigkeit der am 1.12.2006 beschlossenen Satzungsänderung sei auch die Angabe der Bedingungen für die Teilnahme und Stimmrechtsausübung in der Einladung zur Hauptversammlung am 24.5.2007 satzungs- und gesetzeswidrig gewesen.

Entscheidung
Die Klage blieb vor dem BGH erfolglos. Die Beklagte hat die Einberufungsfrist gewahrt. Die Hauptversammlung war mindestens 30 Tage vor dem Tag der Versammlung einzuberufen. Da die Satzung der Beklagten eine Anmeldung vorsah, trat an die Stelle des Tages der Versammlung der Tag, bis zu dessen Ablauf sich die Aktionäre vor der Versammlung anzumelden hatten. Dies war der 16.5.2007. Die Satzung sah weiterhin eine Anmeldung bis zum Ablauf des siebten Tages vor der Hauptversammlung vor. Der vom 24.5.2007 aus betrachtete siebte Tag war ein gesetzlicher Feiertag, so dass der vorangehende 16.5.2007 maßgeblich war (§ 123 Abs. 4 AktG a. F.). Von diesem Tag aus 30 Tage zurück gerechnet lag der 16.4.2007. Im Gegensatz zum Tag der Hauptversammlung bzw. dem nach § 123 Abs. 2 Satz 2 AktG a. F. maßgebenden Anmeldeschluss war der Tag der Einberufung mitzuzählen.

Konsequenz
Für Hauptversammlungen zwischen dem Inkrafttreten des UMAG im Jahr 2005 und des ARUG im Jahr 2009 hat die Klärung der Berechnung der Einberufungsfrist keine Bedeutung mehr. Die Fristenberechnung bei der Einberufung einer Hauptversammlung ist durch die Änderung des § 123 AktG mit dem ARUG mit Wirkung zum 31.10.2009 geklärt. Nach der neuen Regelung wird der Tag der Einberufung bei der Fristberechnung nicht mitgezählt.


23. Keine einzelvertragliche Kürzung gesetzlicher Kündigungsfristen

Rechtslage
Das Arbeitsrecht sieht in einer Einzelregelung vor, dass die gesetzlichen Kündigungsfristen durch Arbeitsvertrag verkürzt werden können. Das Landesarbeitsgericht Hessen hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob diese gesetzliche Einzelmöglichkeit auf alle gesetzlichen Kündigungsfristen, also insbesondere diejenigen, die Verlängerungen in Abhängigkeit von der Betriebszugehörigkeit vorsehen, anwendbar ist, oder ob sie sich nur auf die gesetzliche Grundkündigungsfrist (= 4 Wochen zum 15. oder Ende eines jeden Monats innerhalb der ersten 2 Jahre eines Arbeitsverhältnisses) bezieht.

Sachverhalt/Entscheidung
Das Arbeitsverhältnis des Klägers konnte laut seines Arbeitsvertrages mit einer Frist von 4 Wochen zum Monatsende gekündigt werden. Nach rund vierjähriger Beschäftigungszeit kündigte der Arbeitgeber am 1.10. zum 31.10.. Hiergegen wandte sich der Kläger mittels Kündigungsschutzklage und gewann. Die Kündigung konnte erst zum 30.11.2008 wirksam werden. Die vertragliche Verkürzung der gesetzlichen (sich in Abhängigkeit zur Betriebszugehörigkeit verlängernden) Kündigungsfristen ist unwirksam, weil die gesetzlich vorgesehene Verkürzungsmöglichkeit lediglich eine Abweichung von der Grundkündigungsfrist des BGB erlaubt. Andernfalls würde das gesetzliche Ziel, dass Arbeitnehmer mit zunehmender Beschäftigungsdauer sozial schutzbedürftiger sind, unterlaufen. Das Gericht sah außerdem keine unzulässige Diskriminierung nicht tarifgebundener Arbeitnehmer. Zwar kann durch Tarifvertrag auch von den verlängerten Kündigungsfristen abgewichen werden. Diese Sonderregelung sei aber gerechtfertigt, weil die Tarifvertragsparteien gleich starke Gegenspieler darstellen und daher von einer angemessenen Gesamtregelung auszugehen sei.

Konsequenz
Dort, wo keine abweichenden Tarifverträge bestehen, sind die verlängerten gesetzlichen Kündigungsfristen für Arbeitsverhältnisse nicht frei abänderbar.


24. Keine Gründung einer UG durch Abspaltung zur Neugründung

Kernaussage
Der Entstehung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) im Wege der Umwandlung durch Abspaltung zur Neugründung steht die Vorschrift des GmbH-Gesetzes entgegen, nach der die Gründung einer UG haftungsbeschränkt durch Sacheinlagen unzulässig ist (§ 5 a Abs. 2 Satz 2 GmbHG).

Sachverhalt
Die Antragstellerin hatte zunächst die Neugründung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit dem Stammkapital von 1 EUR, entstanden durch eine Abspaltung von einer bereits bestehenden gemeinnützigen GmbH beim Handelsregister angemeldet. Das Registergericht wies den Antrag mit dem Hinweis zurück, dass laut Gesellschaftsvertrag die Einlage in Geld zu erfolgen habe. Die Einbringung durch Abspaltung entspreche einer Sacheinlage und stehe damit im Widerspruch zum Gesellschaftsvertrag. Daraufhin wurde der Passus im Gesellschaftsvertrag wie folgt geändert: "Die Einlage wird dadurch erbracht, dass die gemeinnützige GmbH einen Teil ihres Vermögens abgespalten hat und ihrer Gesellschafterin dafür einen Geschäftsanteil von 1 EUR gewährt hat." Das Registergericht wies den Eintragungsantrag mit dem neuen Passus erneut, diesmal wegen Verstoßes gegen das GmbH-Gesetz, zurück.

Entscheidung
Das OLG Frankfurt schloss sich der Entscheidung des Registergerichts an. Danach verstößt die Neugründung einer UG (haftungsbeschränkt) im Wege der Umwandlung durch Abspaltung gegen § 5a Abs. 2 S. 2 GmbHG (Verbot der Sacheinlage). Zwar handelt es sich bei der Unternehmergesellschaft um keine neue Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, sondern nur um eine Variante der GmbH, so dass alle Regelungen bezüglich der GmbH auch auf die Unternehmergesellschaft Anwendung finden. Die Regelungen sind aber stets im Lichte des § 5a GmbHG, anzuwenden. Dieser verbietet die Gründung einer UG durch Sacheinlage. Dass die Neugründung durch Abspaltung zu einer Sacheinlage führt, wird durch die Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes deutlich (§§ 123 Abs. 3 Nr. 2; 138 UmwG). Denn bei einer nach dem Umwandlungsgesetz neu gegründeten Gesellschaft erfolgt die Erbringung des Stammkapitals für die neue Gesellschaft zwingend durch eine Vermögensübertragung der bereits bestehenden Gesellschaft. Hierbei handelt es sich um die Einbringung einer Sacheinlage, wie aus § 138 UmwG deutlich wird, wonach bei einer Abspaltung immer ein Sachgründungsbericht erforderlich ist.

Konsequenz
Eine Neugründung im Wege der Umwandlung durch Abspaltung ist für eine Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt nicht möglich. Das Sacheinlageverbot des § 5 a Abs. 2 Satz 2 GmbHG lässt diesbezüglich keinerlei Spielraum.


25. Zusammenfassende Meldung (ZM) auch für Notare

Kernaussage
Mit Einführung des Mehrwertsteuerpaketes zum 1.1.2010 müssen innergemeinschaftliche Dienstleistungen in der Zusammenfassenden Meldung (ZM) gemeldet werden. Dies betrifft auch Beratungsleistungen, z. B. von Notaren an andere Unternehmer in der EU. Da in der ZM die Leistungsempfänger namentlich anzugeben sind, wurde diskutiert, ob Notare mit Ausfüllung der ZM gegen ihre Verschwiegenheitspflicht verstoßen.

Neue Verwaltungsanweisung
Die OFD Frankfurt a. M. sieht in der Verpflichtung zur Abgabe der ZM keinen Konflikt mit der Verschwiegenheitspflicht der Notare. Zur Begründung verweist die OFD auf den Umstand, dass lediglich die Höhe des Umsatzes und die USt-IDNr. gemeldet werden, jedoch keine Daten, die einen Rückschluss auf den Inhalt der notariellen Tätigkeit zulassen.

Konsequenz
Notare und Berufsgruppen, die ähnlichen Verschwiegenheitspflichten unterliegen, z. B. Rechtsanwälte, kommen um die ZM nicht herum. Zu beachten ist allerdings, dass nur bestimmte Umsätze über die ZM zu melden sind. So sind z. B. Umsätze mit Privatpersonen und die Beurkundung von Grundstückskaufverträgen (unabhängig vom Status des Leistungsempfängers) u. ä. Verträge, nicht in der ZM zu erfassen.


26. Vertragliche Pflichtverletzung bei Abwerben von Patienten zur Konkurrenz

Kernfrage/Rechtslage
Grundsätzlich stellt das Abwerben von Kunden und deren Mitnahme zu einem Konkurrenzunternehmen bei einem Stellenwechsel einen erheblichen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten dar, der auch zur fristlosen Kündigung berechtigen kann. Das Bundesarbeitsgericht hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob eine fristlose Kündigung möglich bleibt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in eine (hier: wirtschaftliche) Zwangslage gebracht hat.

Sachverhalt
Die Klägerin war bei dem beklagten ambulanten Pflegedienst tätig. Nachdem sie eine "Überlastungsanzeige" eingereicht hatte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis. Am darauf folgenden Tag kündigten 7 von der Klägerin betreute Patienten ihre Verträge mit der Beklagten. Die Klägerin begann ihre Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen. Die Beklagte nahm daraufhin ihre Kündigung zurück und forderte die Klägerin auf, Konkurrenztätigkeiten zu unterlassen. Nachdem ein Patient tatsächlich zum Konkurrenten gewechselt war, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich. Später erfuhr sie, dass die Klägerin sich als Leistungsanbieter für ambulantes Wohnen selbstständig machen wollte. Deswegen kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut fristlos, hilfsweise ordentlich.

Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht erklärte die fristlosen Kündigungen für unwirksam, die erste ordentliche Kündigung jedoch für wirksam. Die Klägerin habe durch die Weitergabe von Patientendaten an den Konkurrenten gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen (= erste Kündigung). Anders als dieses Abwerben von Patienten sei die Antragstellung auf Zulassung als Leistungsanbieter im ambulant betreuten Wohnen jedoch nicht als Pflichtverletzung anzusehen (= zweite Kündigung), weil hiermit noch keine aktive Wettbewerbstätigkeit verbunden sei. Fristlose Kündigungen seien nicht möglich gewesen: zwar hätten gewichtige Umstände zu Lasten der Klägerin vorgelegen, allerdings habe die Beklagte die Klägerin durch die zurückgenommene Kündigung zuvor in eine finanzielle Zwangslage gebracht, was bei einer Interessenabwägung zu berücksichtigen sei. Für eine ordentliche Kündigung seien die Umstände zu Lasten der Klägerin allerdings ausreichend.

Konsequenz
Den Grundsatz, dass dem Arbeitnehmer jede Konkurrenztätigkeit zu Lasten des Arbeitgebers verboten ist und eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt, ist unangetastet geblieben. Allerdings hat ihn das Bundesarbeitsgericht insoweit aufgeweicht, als dass es eine Interessenabwägung für erforderlich hält.


27. Kostenpflicht für verbindliche Auskunft verfassungsgemäß 

Kernproblem
Einem Steuerpflichtigen steht es zur Minimierung von Steuerrisiken grundsätzlich frei, in genau bestimmten, aber noch nicht verwirklichten Sachverhalten die Erteilung einer verbindlichen Auskunft über die steuerliche Beurteilung dieses künftigen Sachverhalts zu beantragen. Aufgrund einer Änderung der Abgabenordnung sind derartige verbindliche Auskünfte seit 2007 gebührenpflichtig. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem Gegenstandswert, also nach dem Wert, den die Auskunft für den Steuerpflichtigen hat. Dies ist der steuerliche Unterschiedsbetrag, der sich im Vergleich zwischen der vom Steuerpflichtigen angestrebten und der von der Finanzverwaltung gegebenenfalls vertretenen entgegengesetzten Rechtsauffassung ergeben würde. Die Gebühr beträgt bei einem Gegenstandswert bis 5.000 EUR mindestens 121 EUR und ab einem Gegenstandswert von 30 Mio. EUR höchstens 91.456 EUR. In der Literatur strittig und höchstrichterlich noch nicht entschieden ist die Frage, ob die Erhebung der Gebühr dem Grunde und der Höhe nach verfassungsgemäß ist.

Sachverhalt
Im Vorfeld einer Unternehmensumstrukturierung stellte ein Steuerpflichtiger einen Antrag auf verbindliche Auskunft hinsichtlich umstrittener Fragen des UmwStG. Das Finanzamt erteilte diese verbindliche Auskunft im Sinne des Steuerpflichtigen und erhob gleichzeitig einen entsprechenden Gebührenbescheid. Der gegen den Gebührenbescheid wegen verfassungsrechtlicher Bedenken eingelegte Einspruch des Steuerpflichtigen blieb ebenso erfolglos wie die anschließende Klage beim Finanzgericht Münster.

Entscheidung
Nach Auffassung des Finanzgericht Münsters ist die Erhebung einer Gebühr für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden. Die verbindliche Auskunft stelle eine konkrete Dienstleistung der Finanzverwaltung dar, die außerhalb der eigentlichen Hauptaufgabe, also der Durchführung von Besteuerungsverfahren, anfalle. Trotz der Komplexität des geltenden Steuerrechts sei es dabei nicht zu beanstanden, wenn der damit verbundene zusätzliche Verwaltungsaufwand und der dem Steuerpflichtigen zukommende Vorteil durch die Erhebung einer Gebühr ausgeglichen werde. Der Senat schloss sich insoweit der bereits im März 2010 vom FG Baden-Württemberg vertretenen Rechtsauffassung an.

Konsequenzen
Trotz des für den Steuerpflichtigen ungünstigen Urteils empfiehlt sich in der Praxis ein Offenhalten entsprechender Gebührenbescheide, da das FG Münster zur Klärung der Rechtsfrage die Revision beim BFH zugelassen hat.


28. Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Zahlungen nach Insolvenzreife

Kernaussage
Der Geschäftsführer muss sich bei der Übernahme seiner Tätigkeit in eigener Person die notwendigen steuerlichen und handelsrechtlichen Kenntnisse verschaffen, um das Amt auszuführen. Von ihm wird erwartet, dass er in der Lage ist, eine Jahresbilanz einer gewissen Plausibilitätskontrolle zu unterziehen. Es genügt nicht zu seiner Haftungsfreistellung, wenn der Geschäftsführer den Jahresabschluss vom Steuerberater erstellen lässt.

Sachverhalt
Der Kläger nimmt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH den Geschäftsführer auf Ersatz von nach Eintritt der Insolvenzreife geleisteter Zahlungen in Anspruch (§ 64 GmbHG, § 31b GmbHG a. F.). Am 26.6.2006 beantragte dieser wegen drohender Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit die Insolvenzeröffnung. Er nahm Bezug auf einen vom Steuerberater erstellten Jahresabschluss für 2005. In dem Zeitraum vom 1.1.2006 bis zum 27.6.2007 gingen erhebliche Zahlungen auf dem Kontokorrentkonto der Insolvenzschuldnerin ein, welche verrechnet wurden. Ferner wurden Zahlungen an Dritte geleistet. Der Beklagte wendet ein, dass Anfang 2006 ein Konzept zur Konsolidierung besprochen wurde. Auch wurde der Kontokorrentkredit im Februar 2006 erweitert, so dass von einer positiven Fortführung auszugehen sei. Über die stillen Beteiligungen wurden Rangrücktrittserklärungen abgegeben, so dass die Einlagen nicht zu passivieren wären. Demgegenüber wurden Verlustkonten der stillen Gesellschafter aktiviert, so dass keine Überschuldung vorläge. Jedenfalls sei eine Überschulung zum 31.12.2005 nicht erkennbar gewesen.

Entscheidung
Die Klage hatte in beiden Instanzen Erfolg. In Bezug auf die positive Fortführungsprognose wird generell die Aufstellung eines dokumentierten Ertrags- und Finanzplans zu fordern sein, wonach sich aus der ex ante Sicht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ergibt, dass mittelfristig mit dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nicht zu rechnen ist. Diesen Anforderungen genügte das hier vorgelegte Konzept nicht. Hinsichtlich der Überschuldung war jedenfalls Fahrlässigkeit des Beklagten zu bejahen. Bedient er sich fremder Hilfe durch einen fachlich qualifizierten Berater, trifft ihn die Pflicht zur sorgfältigen Auswahl und Überwachung dieser Hilfsperson. Insoweit muss er die von ihm nicht selbst erstellte Jahresbilanz zumindest einer gewissen Plausibilitätsprüfung unterziehen. In diesem Zusammenhang wusste der Beklagte, dass die stillen Gesellschafter nicht nachschusspflichtig waren, so dass die vom Steuerberater aktivierten Beträge im Rahmen der Überschuldungsprüfung außer Betracht zu bleiben hatten.

Konsequenz
Insbesondere für Geschäftsführer ohne kaufmännische Erfahrung bedeutet dieser Maßstab ein zusätzliches Risiko. In einem persönlichen Gespräch sind Fragen zur Plausibilitätsprüfung zu erörtern. Bestehen weiterhin Bedenken, könnte zudem eine freiwillige Prüfung beantragt werden.


29. Bestimmtheitserfordernis bei Abtretung eines Teilgeschäftsanteils

Kernaussage
Ist der veräußernde Gesellschafter einer GmbH bei der Abtretung eines Teilgeschäftsanteils Inhaber mehrerer Geschäftsanteile, deren Wert jeweils den Wert des abgetretenen Teils übersteigt, muss der Abtretungsvertrag den Geschäftsanteil benennen, aus dem der neue Geschäftsanteil gebildet werden soll. Mangels Bestimmtheit ist die Anteilsabtretung anderenfalls von Anfang an unwirksam. Ebenso ist die Anmeldung einer Geschäftsanteilsübergangs bei der GmbH (§ 16 Abs. 1 GmbHG a. F.) unwirksam, wenn sie nicht auf einen bestimmten Geschäftsanteil bezogen werden kann.

Sachverhalt
Der Beklagte hatte seinen Geschäftsanteil im September 2000 mit notariellem Geschäftsanteilsübertragungsvertrag erworben. Der Veräußerer war Inhaber von 3 Geschäftsanteilen, deren Wert jeweils den Wert des abzutretenden Teilgeschäftsanteils überstieg. Der Übertragungsvertrag legte nicht fest, aus welchem der existierenden Geschäftsanteile der abgetretene Geschäftsanteil gebildet werden sollte. Der Veräußerer erklärte in der Urkunde, dass er über "einen" Geschäftsanteil verfüge. Im weiteren Verlauf wurden sämtliche Anteile an Dritte weiterveräußert. Nachdem das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet wurde, nahm der Insolvenzverwalter den Beklagten als früheren Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin auf Nachzahlung von Stammeinlagen in Anspruch.

Entscheidung
Der BGH wies die Klage abändernd ab. Der Beklagte hat seinen Geschäftsanteil nicht wirksam erworben und haftet daher nicht für rückständige Stammeinlagen (§ 16 Abs. 3 GmbHG a. F.). Die Abtretung war wegen fehlender Bestimmtheit des Abtretungsgegenstandes unwirksam und der Übertragungsvertrag nichtig. Der Abtretungsvertrag legte nämlich nicht fest, aus welchem Geschäftsanteil der abgetretene Geschäftsanteil gebildet werden sollte. Dieser Mangel des Vertrages hätte behoben werden können, wenn die Geschäftsanteile des Veräußerers durch Beschluss zu einem Anteil zusammengelegt worden wären. Dies war der Urkunde nicht zu entnehmen. Eine Haftung als Scheingesellschafter (§ 16 Abs. 3 GmbHG a. F.) scheidet aus, denn die hiermit verbundene Anmeldung nach § 16 Abs. 1 GmbHG a. F. bezog sich nicht auf einen bestimmten Geschäftsanteil und war damit auch unwirksam.

Konsequenz
Die Anmeldung des Erwerbers gegenüber der GmbH wurde im Rahmen des MoMiG ersetzt durch die Eintragung der Veränderung in die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste. Wie die Aufnahme eines Scheingesellschafters in die Gesellschafterliste zu beurteilen ist, bleibt offen.


30. Geringere Abfindungshöhe durch schuldrechtliche Nebenabrede

Kernaussage
Die Gesellschafter einer GmbH können im Wege einer schuldrechtlichen Nebenabrede im Interesse der Gesellschaft abweichend von einer Satzungsbestimmung eine geringere Abfindungshöhe für den Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft vereinbaren. Die Gesellschaft kann aus der Vereinbarung der Gesellschafter, die einen Vertrag zugunsten Dritter darstellt (§ 328 Abs. 1 BGB), eigene Rechte herleiten.

Sachverhalt
Der Kläger war Gesellschafter und Geschäftsführer der beklagten GmbH. Mit privatschriftlichem Gesellschafterbeschluss aus 2002 wurde ein von den Satzungsbestimmungen abweichender Berechnungsmodus für die Abfindungshöhe im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters bestimmt. In der Gesellschafterversammlung in 2006 wurde sodann beschlossen, dass der Kläger seinen Geschäftsanteil gegen Abfindung nach Maßgabe des Beschlusses aus 2002 zu übertragen habe. Gegen diesen Beschluss erhob der Kläger Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage und begehrte nach Übertragung des Geschäftsanteils an die Beklagte Zahlung einer Abfindung gemäß der Berechnung in der Satzungsbestimmung. LG und OLG gaben der Klage teilweise statt.

Entscheidung
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache an einen anderen Senat des OLG zurück. Das Berufungsgericht hat den Vortrag der Beklagten zur wirtschaftlichen Notwendigkeit einer Abfindungsbegrenzung im Interesse der Aufrechterhaltung des Mitarbeiterbeteiligungsmodells, zum Einvernehmen der Gesellschafter über die Begrenzung der Abfindung und zu der Rolle des Klägers als Urheber, Initiators und Verfechter des Gesellschafterbeschlusses aus 2002 nicht zur Kenntnis genommen. Das OLG hat damit den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Gesellschafter können grundsätzlich Rechtsverhältnisse in oder zu der Gesellschaft auch außerhalb des Gesellschaftsvertrages durch schuldrechtliche Nebenabreden regeln. Ein Formerfordernis besteht insoweit i. d. R. nicht. Diese Vereinbarung bindet generell die Vertragsparteien. Sie stellt einen sog. Vertrag zugunsten Dritter dar, aus dem die Gesellschaft (als Dritte) eigene Rechte herleiten kann. Ferner hat der Kläger sich möglicherweise widersprüchlich i. S. d. § 242 BGB verhalten.

Konsequenz
Der BGH hat nunmehr bestätigt, dass Gesellschaftervereinbarungen zulässig sind und zugunsten der Gesellschaft Wirkung entfalten. Damit wurde Rechtssicherheit geschaffen. Zur Vermeidung der Publizität von Abfindungsvereinbarungen können die Gesellschafter somit die Klausel nur rein schuldrechtlich vereinbaren. Widersprüche zwischen der Gesellschaftervereinbarung und dem Gesellschaftsvertrag sind dabei zu vermeiden, ggf. ist der Vorrang der Nebenvereinbarung festzuhalten und zu erklären, ob die Klausel zugunsten der Gesellschaft Wirkung entfalten soll.


31. Solidaritätszuschlagsgesetz für Veranlagungszeitraum 2007 ist nicht verfassungswidrig

Kernaussage
Nach der im Streitjahr 2007 geltenden Fassung des Solidaritätszuschlagsgesetzes wird zur Einkommen- und Körperschaftsteuer ein Solidaritätszuschlag von 5,5 % der Bemessungsgrundlage als Ergänzungsabgabe erhoben. Im Jahr 1972 hatte das Bundesverfassungsgericht bereits grundsätzlich zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Ergänzungsabgaben Stellung genommen und entschieden, dass eine zeitliche Befristung nicht zu deren Wesen gehört. Nunmehr hatte sich das Gericht im Rahmen eines Normenkontrollantrags mit der Frage zu befassen, ob das Solidaritätszuschlagsgesetz in der für 2007 geltenden Fassung verfassungswidrig ist.

Sachverhalt
Das Finanzamt hatte gegenüber dem Kläger für den Veranlagungszeitraum 2007 einen Solidaritätszuschlag festgesetzt. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Sprungklage mit der Begründung, das Solidaritätszuschlagsgesetz in der für 2007 geltenden Fassung sei verfassungswidrig, denn eine Ergänzungsabgabe könne nur ausnahmsweise und nicht auf Dauer erhoben werden. Das Finanzgericht Niedersachsen hatte die Frage im Normenkontrollverfahren dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.

Entscheidung
Das Bundesverfassungsgericht lehnte den Antrag als unzulässig ab; das Finanzgericht habe sich nicht hinreichend mit der Rechtsprechung zum Wesen der Ergänzungsabgabe beschäftigt und die erforderliche sorgfältige Prüfung unterlassen. Das vorlegende Gericht muss hierbei insbesondere die bereits ergangenen Entscheidungen und die ihnen zugrunde liegenden Erwägungen berücksichtigen. Zwar hat sich das Bundesverfassungsgericht inhaltlich noch nicht mit dem Solidaritätszuschlagsgesetz auseinander gesetzt, in einer grundsätzlichen Stellungnahme zu den Ergänzungsabgaben hat es aber entschieden, dass es von Verfassungs wegen nicht geboten ist, eine derartige Abgabe von vornherein zu befristen oder nur für einen kurzen Zeitraum zu erheben. Das FG argumentierte, mit dem Beitritt der DDR sei ein auf viele Jahre nicht absehbarer Finanzbedarf für den Bundeshaushalt eingetreten. Es ließ aber unberücksichtigt, inwieweit eine Erhöhung der Einkommens- und Körperschaftssteuer, die sowohl dem Bund, als auch den Ländern zugute kommt, eine Alternative zum Solidaritätszuschlag ist, der ausschließlich dem Bund zusteht. Das FG meinte auch, eine Finanzlücke könne nicht dauerhaft durch eine Ergänzungsabgabe geschlossen werden. Vielmehr sei dafür eine Steuererhöhung notwendig. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts kann aber ein Mehrbedarf allein des Bundes bestehen. Eine Erhöhung der Einkommen- und Körperschaftssteuer komme aber auch den Ländern zugute. Aufgrund der Länderbeteiligung würde dies zu einer überhöhten und damit konjunkturpolitisch unerwünschten Belastung führen, der auf Länderseite auch kein Bedarf gegenüber stehe.

Konsequenz
Nach den Ausführungen des Gerichts ist nicht zu erwarten, dass bei einem zulässigen Antrag eine andere Entscheidung in der Sache ergeht. Da beim Bundesfinanzhof noch weitere Verfahren anhängig sind, in denen die Vereinbarkeit der Festsetzung des Solidaritätszuschlags mit dem Verfassungsrecht bezweifelt wird, bleibt die Frage aktuell.


32. Eintragung einer GmbH trotz unwirksamer Satzungsbestandteile

Kernaussage
Die Eintragung einer GmbH in das Handelsregister kann nicht deshalb abgelehnt werden, weil eine Satzungsbestimmung Vorschriften verletzt, die unentziehbare Individual- oder Minderheitsrechte gewähren.

Sachverhalt
Eine neu gegründete GmbH war zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Das Registergericht wies die Anmeldung zurück und bezog sich als Begründung auf einen Abschnitt aus dem Gesellschaftsvertrag der GmbH. Dort hieß es: "Die Einziehung des Geschäftsanteiles eines Gesellschafters ohne dessen Zustimmung ist zulässig, wenn der Gesellschafter Auflösungsklage erhebt oder seinen Austritt aus der Gesellschaft erklärt." Das Registergericht befand, dass durch diesen Passus die gesetzlichen Auflösungsgründe (hier: § 60 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG) in unzulässiger Weise einschränkt würden und vollzog die Eintragung nicht.

Entscheidung
Die gegen die Nichteintragung gerichtete Beschwerde hatte Erfolg. Die im Ergebnis unzulässige Einschränkung des Satzungsabschnitts steht einer Eintragung der GmbH in das Handelsregister nicht entgegen. Die Prüfungskompetenz des Registergerichts bezieht sich nur auf den abschließenden Katalog des GmbH-Gesetzes (§ 9c Abs. 2). Dort sind die Voraussetzungen geregelt, unter denen das Registergericht die Eintragung einer GmbH wegen mangelhafter Satzungsbestimmungen ablehnen darf. Die unzulässige Satzungsvereinbarung, die zu einer Einschränkung des Klagerechts des Gesellschafters führt, fällt indes nicht unter das öffentliche Interesse und damit nicht in den gesetzlichen Katalog. Laut Regierungsentwurf zum HRefG sollten unter den weit zu fassenden Begriff des "öffentlichen Interesses" gerade nicht die unentziehbaren Individual- oder Minderheitsrechte fallen. Satzungsbestimmungen die diese Rechte unzulässig einschränken, sollen nicht die Entstehung der GmbH durch Eintragung behindern, sondern Gegenstand etwaiger Streitverfahren zwischen den Beteiligten bleiben.

Konsequenz
Das Registergericht kann eine Eintragung u. a. nur dann versagen, wenn die mangelhafte Satzungsbestimmung gegen Vorschriften des öffentlichen Interesses verstößt. Die unabdingbare Möglichkeit der Auflösungsklage (§ 61, 60 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG) dient aber vor allem dem Minderheitenschutz und nicht ausschließlich oder überwiegend dem öffentlichen Interesse. Insoweit hat das Registergericht diesbezüglich keine Prüfungskompetenz und muss die GmbH eintragen.


33. Keine Verschmelzung der Komplementär-GmbH auf ihre KG

Kernaussage
Die Verschmelzung der Komplementär-GmbH auf die Kommanditgesellschaft ist ausgeschlossen, weil die aufnehmende KG im Moment des Wirksamswerdens der Verschmelzung kraft Gesetzes erlöschen würde. Das Umwandlungsgesetz setzt jedoch den Fortbestand des aufnehmenden Rechtsträgers voraus.

Sachverhalt
Die Komplementär-GmbH einer KG und der einzige Kommanditist haben ihre Verschmelzung zum Handelsregister angemeldet. Grundlage hierfür war ein Verschmelzungsvertrag zwischen der KG und der GmbH. Dabei war die GmbH der übertragende, und die KG der aufnehmende Rechtsträger. Das Registergericht bemängelte die elektronische Signatur und merkte an, dass die vorgenommene Verschmelzung aus seiner Sicht unzulässig sei. Denn die Verschmelzung führe auch zur Auflösung der KG. Die hiergegen gerichteten Beschwerden der beteiligten Rechtsträger blieben erfolglos.

Entscheidung
Nach Ansicht des OLG Hamm kann eine Komplementär-GmbH nicht auf ihre Kommanditgesellschaft mit nur einem Kommanditisten, der zudem auch einziger Gesellschafter der GmbH ist, verschmolzen werden. Ein solches Vorgehen führt zu einer sofortigen Beendigung der KG bei gleichzeitiger Anwachsung des Vermögens auf den einstigen Kommanditisten. Grund hierfür ist, dass das Umwandlungsgesetz (§§ 2, 20 UmwG) voraussetzt, dass der übernehmende Rechtsträger, hier die KG, fortbesteht. Wenn aber die Eintragung der Verschmelzung zum direkten Erlöschen des übernehmenden Rechtsträgers, also der KG, führt, ist diese Voraussetzung nicht mehr gegeben und das Handelsregister mit der Eintragung sofort unrichtig. Unzulässig sind deshalb aber nicht die im Ergebnis gleichen Konstellationen einer liquidationslosen Beendigung der KG, wie z. B., dass die Komplementär-GmbH auf ihren Alleingesellschafter verschmolzen wird oder dass die Komplementär-GmbH aus ihrer KG austritt.

Konsequenz
Gestaltungen, die die Formen des Umwandlungsgesetzes nutzen, um eine Rechtsfolge herbeizuführen, die das Gesetz gerade nicht vorsieht, ist die rechtliche Anerkennung zu verweigern. Will man sich der Handlungsform des Umwandlungsgesetzes bedienen, so sind vielmehr auch die im Gesetz vorgegebenen Voraussetzungen einzuhalten. Das war vorliegend nicht der Fall.




Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen


Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
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